20. Oktober bis 10. November 2024
KUNSTRAUM383:
Die Ausstellung SCHWARZ // WEISS
Die Kraft und Magie der Schwarzweiß-Grafik und Schwarzweiß-Malerei waren und sind in der Kunstwelt ein epochen-überschreitendes Phänomen. Waren es im Aufbruch der Moderne vor mehr als 100 Jahren die Brücke-Künstler, die die alte Schwarzweiß-Technik des Holzschnitts neu entdeckten, haben vor allem das Bauhaus und niederländische Grafiker und Designer Impulse für die neue Richtung einer „konkreten Kunst“ gesetzt.
Was in der Folge – um Jahrzehnte versetzt – an herausragenden Werkreihen konkreter Kunst entstand, hat Maßstäbe gesetzt. Die Arbeiten von Viktor Vasarely, Max Bill, François Morellet, Vera Molnár und des Bildhauers Richard Serra – um nur einige wenige zu nennen – haben das Spektrum der inzwischen gar nicht mehr so neuen Kunstsparte bis heute entscheidend geprägt und bereichert, vor allem auch im Sektor der Schwarzweiß-Grafik und der Schwarzweiß-Malerei.
Der KUNSTRAUM383 zeigt in seiner Ausstellung „SCHWARZ WEISS“ vier unterschiedliche und sich ergänzende individuelle Positionen. Die beteiligten KünstlerInnen nutzen
das reiche monochrome Spektrum in Vielfalt und Originalität und präsentieren ihre variantenreichen Arbeiten bis zum 10. November 2024.
rechts: Jürgen Wolff – "Nr. 151", Tusche auf Holz, 70 x 70 cm, 2028. links: Cornelia Rohde - "494", Acryl auf Holzboard, 40 x 40 cm,
2023
Die Dynamik der Zeichen
In der künstlerischen Feldforschung von Jürgen Wolff stellt das Drachen-dreieck einen wesentlichen Bereich dar. Durch algorithmische Divisionen entstehen unterschiedliche Varianten dieser geometrischen Form. Die im KUNSTRAUM383 gezeigten Arbeiten beruhen auf dieser gedanklichen Systematik.
Dazu schreibt die Kunstwissenschaftlerin Brigitta Amalia Gonser: „Die visuelle Gestaltwahrnehmung beruht auf Ähnlichkeit von Größe, Form, Position, Richtung, Helligkeit und Farbe. Eine Beschreibung der Form nur mit den statischen Begriffen der reinen Geometrie, Quantität oder Anordnung verarmt aber die Fakten, denn es geht Jürgen Wolff nicht nur um die Zahl, sondern auch um die Dynamik der Zeichen, so dass jede visuelle Form auch von Kontraktion und Expansion, Gegensatz und Anpassung, Angriff und Rückzug erfüllt ist. Erst dann wird man die Wirkung und die Fähigkeit dieser Kunstwerke, den Prozess des Lebens durch physisch bewegungslose Zeichen zu symbolisieren, verstehen.“
links – Jürgen Wolff: "242" und "241",
Acryl, Tusche auf Papier, 50 x 50 cm, 2019
rechts – Sabine Odensaß:
"T2", Tusche auf Papier, 58 x 47 cm, 2023
links – Jürgen Wolff: "153", Tusche auf Holz, 70 x 70 cm, 2018
rechts – Cornelia Rohde: "456" Acryl auf Holzboard, 40 x 40 cm, 2023 und
"DD_3", Pigmentdruck auf Innova Resin 260 g, 40 x 40 cm, 2024
von rechts – Jürgen Wolff: sechs Arbeiten der Serie "Dynamics + Numbers", Acryl, Tusche auf Papier, je 50 x 50 cm, alle 2019
Hintergrund: Druckgrafiken von Cornelia Rohde
Cornelia Rohde: "SD_159" und "SD_6", Siebdrucke auf Papier, je 40 x 40 cm, 2023 und 2019
Durchblicke und Überschneidungen
Zarte und kräftige Linienbündel aus changierenden Interferenzen und visuell vibrierenden Strukturen wecken bildhafte Erinnerungen und verlieren sich in kühnen Verzweigungen, finden sich wieder, eröffnen neue Blickpfade, entdecken neue Haltepunkte: Mit ihren linear modulierten Grafiken und den überbordenden und dennoch geordneten Linienstrukturen hat Cornelia Rohde eine eigene charakteristische Bildsprache entwickelt.
Bei ihrer Suche nach neuen strukturellen Formprinzipien und linearen Ordnungssystemen entsteht durch Brechungen und Überlagerungen im wechselnden Schwarz-Weiß-Modus eine lebendige Tiefenwirkung. Es ergeben sich Durchblicke, und es öffnen sich perspektivisch anmutende Bildpartien. Der in der Linienvielfalt angelegte Formenwechsel zwischen Systematik und Zufall und zwischen Ordnung und Auflösung sorgt für Spannung und Bereicherung.
Cornelia Rohde: "Tondo 500", Acryl auf Holzboard, Ø 75 cm, 2024
Cornelia Rohde –
links: DD_3, Pigmentdruck auf Innova Resin 260 g,
40 x 40 cm, 2024
rechts: DD_8, Pigmentdruck auf Innova Resin 260 g,
40 x 40 cm, 2024
Das Prinzip des Seriellen
Die Entwicklung von grafischen Rastern und Formengittern, von Linienstrukturen und Koordinatennetzen sowie sich wiederholender Formelemente ist in der druckgrafischen Arbeit von Jürgen Forster ein stetiger Prozess – sie unterliegt kontinuierlichen Erweiterungen und Wandlungen. Diesem Kanon des Seriellen sind ebenso reliefartige Arbeiten, Prägungen auf Büttenpapier, aber auch Objekte und skulpturale Collagen zuzuordnen.
Auf der Handpresse im Hochdruck entstandene Schwarzweiß-Grafiken nehmen dabei einen besonderen Platz ein – als Holz- und Linolschnitte, aber auch als geschnittene oder vorgefundene Formen aus verschiedenartigen druckfähigen Materialien. Dabei überziehen die grafischen Rhythmen und geordneten oder diffusen Linien- und Strukturelemente die Druckbogen meist randlos und präsentieren damit den Bildausschnitt eines denkbaren größeren grafischen Ganzen, das über den Bildrand hinweg in den Raum übergeht.
Jürgen Forster:
Puzzle-Tableau, Druck auf Bütten, 36 x 35.5 cm, 2024
Jürgen Forster: "Weiß kontra Schwarz", Siebdruck auf Karton, 28 x 28 cm, 2023, und "Punktierte Kreise", Siebdruck auf Karton, 28 x 28 cm, 2023
Jürgen Forster:
Linienfelder I und Linienfelder II
Holzschnitt, Hochdruck auf Bütten,
60 x 42 cm, 2024
Sabine Odensaß: Ohne Titel – T2,
Tusche auf Papier, 62 x 48,5 cm, 2019
Die facettenreiche Ästhetik des Fluiden
Die Malerei und Zeichnungen von Sabine Odensaß sind von den vielfältigen Erscheinungsformen des Wassers beeinflusst und geprägt. Bei Arbeiten mit Tusche auf Papier wird im experimentellen malerischen Umgang die Tusche mit dem Pinsel aufgetragen. In einem langen Trocknungsprozess dehnt sich die Farbe auf dem sehr saugenden Papier aus. Die Beschaffenheit des Papiers, das Fließ– und Trocknungsverhalten der Tusche beeinflussen den Arbeitsprozess.
Das Ergebnis der Arbeit ergibt sich somit im dialektischen Zusammenspiel zwischen bewusstem Eingriff und dem selbsttätigen Verhalten des Materials. Die Tuschearbeiten mit ihren mikroskopischen Ablagerungen zeichnen sich in besonderer Weise durch die facettenreiche Ästhetik des Fluiden aus.
Sabine Odensaß
links: Ohne Titel – T1,
Tusche auf Papier, 58 x 47,5 cm, 2023
rechts: Ohne Titel – T4,
Tusche auf Papier, 62 x 48,5 cm, 2019
Sabine Odensaß
"Ohne Titel PK 1-10" (10 Postkarten),
Mischtechnik auf Papier, 10,5 x 14,8 cm, 2024