1. bis 22. September 2024
Agathe B.: beide Arbeiten "Ohne Titel", Baumwolle/Leim/Pigmente, 80 x 39 cm, 2022
Zwei Tonwelten – gemeinsame Strukturen.
Auf durchsichtigem Baumwollgewebe, das einen Bezug bildet zum Luftigen, Atmosphärischen, werden Pigmentfarben aufgetragen. In transparenten Überlagerungen und Durchsichten, auch Abdeckungen,
entsteht ein Spektrum an Farbnuancen, welches unmittelbar vom Betrachter aufgenommen werden kann. Diese Resonanz berührt eine inneren Empfindungsraum, der auch im Hinblick auf die Frequenz der
musikalischen Klangwelt in Erscheinung tritt. Die Verbindung zwischen diesen beiden Tonwelten möchte ich gerne zur Anschauung bringen, die gemeinsamen Strukturen verdeutlichen. Die mit dem
durchscheinenden Licht erarbeiteten Bilder erreichen so eine Intensität im Farbvolumen und in der konkreten räumlichen Ausdehnung.
Agathe B.: Beide Arbeiten "Ohne Titel"
Baumwolle/Leim/Pigmente, 80 x 39 cm, 2022
links: Sabine Odensaß: Kupfer cosmicblau und grün, Pigment/Acryl/Nessel, 70 x 50 cm, 2023.
rechts – Agathe B.: "Hell", Baumwolle/Acryl/Pigmente, 36,5 x 28,5 cm, 2024; rechts daneben: "Blau", Baumwolle/Acryl/Pigmente, 36,5 x 28,5 cm, 2024
Farbe als Metapher. Das Äußere und das Innere. Das Physische und das Geistig-Seelische. Die Kunst lebt von dieser Polarität und arbeitet sich an
ihr ab. Bei Sabine Odensaß ist das Physische die Farbe … Jedes einzelne Bild ist ein Experiment. Nass in nass vermalte Farben verdichten sich zu tiefenräumlichen Farbschleiern … Es entstehen
Strukturen, die von keinem Pinsel gemalt sind, sondern sich je nach Pigment und Oberflächenbeschaffenheit wie natürlich entwickeln. Durch ihre transparente Luzidität sind sie von hoher
Lichtdurchlässigkeit. Sie scheinen von innen heraus zu leuchten. …
Aber ohne Einbindung in ein übergeordnetes Konzept wird aus fließender Farbe kein Bild. Ohne die unzähligen Entscheidungen, die den Zeitraum der Bildentstehung
prägen, lässt sich nicht dieser starke Ausdruck erzielen. Die Bilder öffnen einen prägnanten, wenn auch für jeden Betrachter anders wahrnehmbaren Raum. Dass der Eigendynamik der Farbe höchste
Priorität eingeräumt wird, teilt sich als Anmutung einer großen Freiheit und Gelassenheit mit. Die Farbräume pulsieren und atmen, sie scheinen bewegt und spiegeln darin die emotionale Bewegtheit
des Betrachters. ….
Sabine Elsa Müller
Sabine Odensass: Magenta-Blau, Acryl/Holz, 17 x 28 x 2,7 cm, 2024
Sabine Odensass:
Rotgold, Pigment/Acryl/Nessel, 70 x 50 cm, 2023
Cornelia Rohde, links: SD_99, Siebdruck auf Papier, 50 x 50 cm, 2022; rechts: SD_43, Siebdruck auf Papier, 50 x 50 cm, 2022
Linienstrukturen mit Spannung und Tiefe
Die Linie und ihre variantenreiche Ausgestaltung ist in der Bildsprache von Cornelia Rohde in ihren Druckgrafiken und auch in
den Acrylbildern das bestimmende Merkmal. Die Suche und Entwicklung von neuen strukturellen Ordnungssystemen führt zu
immer neuen reizvollen Linienräumen und Linienformationen, die auch durch wechselnde Farben und einen prägnanten Duktus den Grafiken und auch großformatigen
Acrylbildern eine charakteristische Eigenart geben.
In den Arbeiten verbinden sich waagerechte und senkrechte Elemente zu Rasterflächen, und diagonale oder bogenförmige Linien geben den netzartigen und oft verwobenen Strukturen Spannung und Tiefe. Bewegungsdynamische Impulse setzen Bildräume und Linienstrukturen in Bewegung, lassen Bildflächen vibrieren und setzen Linienstrukturen in Schwingung. Ihren oft über den Bildrand hinausführenden Linienstrukturen stellt die Künstlerin farblich und formal reduzierte Werke mit strengen geometrischen Formen und klaren Linien gegenüber.
von links – Jürgen Forster: Blaues Rasterfeld, mehrfarb. Siebdruck, 27,5 x 27,5 cm, 2023; Cornelia Rohde: DD_22, Pigmentdruck auf Innova Resin 260 g, 40 x 40 cm, 2024
links – Cornelia Rohde: "DD_20", Pigmentdruck auf Innova Resin 260 g, 40 x 40 cm, 2024
rechts – Jürgen Forster: Serie "Geomatrix" (IV, VI, IX und X), digitale Grafiken auf Holzboard, 28 x 28 cm, 2022
Linienformationen und verzahnte Konstrukte
Mit digital erarbeiteten Linienformationen und geometrischen Elementen gibt der Druckgrafiker Jürgen Forster Einblick in sein aktuelles Schaffen. Die Drucke der
Geomatrix-Serie, von denen die Ausstellung vier Exemplare zeigt, präsentieren sich auf den ersten Blick als Entwürfe im geometrisch-puristischen Stil – diagonal halbierte Quadrate und
Halbquadrate. Doch die Komposition verschmilzt die Einzelteile zu verzahnten Konstrukten, die durch die Farbgebung semantische Bezüge nahelegen. In den Arbeiten Geomatrix IV und VI erhält der
kompakte Aufbau spitzer Dreiecke
durch das Blau eine überraschende Tiefe und damit eine scheinbare Dreidimensionalität im
kubistisch anmutenden Ensemble. Die Grafiken IX und X sind dagegen Produkte eines Umkehrprozesses: Durch die Kleinteiligkeit des Formenaufbaus, die eher
willkürliche Farbgebung und die asymmetrische Gewichtung entsteht der Charakter einer vibrierenden Formen-Zersplitterung.
Die ausgestellten Siebdrucke mit den frei-variablen oder streng-geometrischen Linienformationen nehmen dazu eine ästhetische
Gegenposition ein.
rechts: Reiner Fuchs: Köln, 1.6.2024, Papiercollage auf Hartfaser, 50,3 x 60,2 cm, 2024 - links: Agathe B.: GM, Baumwolle/Acryl/Pigmente, 33 x 26 cm,
2019/2024
Foto: Ellen R. Dornhaus
Formenfülle und reduzierte Kargheit
"Dem Maler Reiner Fuchs ist der thematische Oberbegriff ,Suche' in seiner weitesten Dimension zuzuordnen," schreibt die Kunsthistorikerin Dr. Cornelia Vagt. ”Seine hier gezeigten
Mischtechniken, zumeist bestehend aus einer Kombination von Collage, Malerei und Zeichnung, artikulieren in sehr eindrucksvoller Weise die stete Suche des Künstlers nach der perfekten Ausformung,
nach Vollendung, was immer man auch unter diesem recht subjektiven Kriterium versteht.
Diese Ruhelosigkeit des Künstlers führt zu einer Offenheit für alle Erlebnisse, Wahrnehmungen und Empfindungen und gleichermaßen zu einer Offenheit für die jeweils adäquate Umsetzung mittels des
gesamten Spektrums der technischen Möglichkeiten.
Das Ergebnis sind ohne Konzept, ohne PIan oder Thema bzw. Motiv, rein emotional aus einer Stimmung heraus sich Form für Form bedingende prozessual auf dem Papier entstehende abstrakte höchst
verschiedenartige Arbeiten, die sich in einem Spiel mit den Techniken streng-geradlinig-konstruktiv oder malerisch-weich präsentieren, von einer Formenfülle zeugen oder durch reduzierte Kargheit
sprechen, die Spuren des breiten Borstenpinsels tragen, Ritzungen, Collagen oder das Lineal einbeziehen oder der durch Grundierung des Blattes veränderten Spur der Kreide nachspüren."
Reiner Fuchs: Köln, 2.3.2024,
Mischtechnik auf Papier, 46,4 x 34,2 cm, 2024
Reiner Fuchs:
links – Köln, 18.2.2024, Mischtechnik auf Papier, 47,2 x 34,1 cm, m. R., 2024
rechts – Köln, 23.8.2024, Mischtechnik auf Papier, 30,8 x 22,9 cm, m. R., 2023
Foto: Ellen R. Dornhaus.